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Schwerbehindertenausweis

Wer stellt den Schwerbehindertenausweis aus? 

Ein Schwerbehindertenausweis wird vom Versorgungsamt oder von dem zuständigen Landratsamt ausgestellt, wenn der Grad der Behinderung (GdB) wenigstens 50 beträgt. Er dient dazu, die Behinderung gegenüber Sozialleistungsträgern, Behörden, Arbeitgebern und anderen nachzuweisen. 

Ob ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden soll, muss im Hinblick auf die persönliche, gesundheitliche sowie berufliche Situation abgewogen werden. Auf Grund der angeblich erschwerten Kündigungsmöglichkeiten, des Zusatzurlaubs (fünf Arbeitstage) und einer möglicherweise unterstellten verminderten Leistungsfähigkeit von Schwerbehinderten kann sich ein Schwerbehindertenausweis bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz auch einmal weniger vorteilhaft auswirken. 

Ein Schwerbehindertenausweis ermöglicht zahlreiche Hilfen beim Erhalt/zum Erlangen eines Arbeitsplatzes bzw. einer selbstständigen beruflichen Existenz wie z. B. 

  • technische Arbeitshilfen 
  • Kraftfahrzeughilfe zur Beschaffung eines behindertengerechten Fahrzeugs bzw. zum Umbau eines vorhandenen Fahrzeuges 
  • Wohnungshilfe zur Beschaffung von behinderungsgerechtem Wohnraum bzw. zur entsprechenden Anpassung von Wohnraum 
  • Finanzierung von Probearbeitsverhältnissen 
  • Gewährung eines Minderleistungsausgleichs an Arbeitgeber 
  • den besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte und Gleichgestellte 

Wenn die Voraussetzungen für weitere sogenannten „Merkzeichen“ vorliegen, kann beispielsweise 

  • die unentgeltliche Beförderung im Personenverkehr bzw. die (teilweise) Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch genommen werden 
  • ein Behindertenparkausweis beantragt werden bzw., wenn die strengen Voraussetzungen hierfür im Einzelfall nicht ganz erfüllt sind, 
  • eine Ausnahmegenehmigung für bestimmte Parkerleichterungen. 

Was bedeutet eigentlich der “Grad der Behinderung” und wie wird er ermittelt? Ab welchem Grad der Behinderung gilt man als schwerbehindert? 

Eine Schwerbehinderung ist (gesetzlich) wie folgt definiert: 

“Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.” 

Neuntes Sozialgesetzbuch (SGB IX) 

Der Grad der Behinderung (GdB) und der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) sind also ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. 

Der GdB kann zwischen 20 und 100 variieren und er wird in 10er-Schritten gestaffelt. Irrtümlich wird der GdB oft in Prozent angegeben, also zum Beispiel: “Ich habe einen GdB von 50 Prozent”. Dies ist aber falsch, es wird schlicht gesagt: “Ich habe einen GdB von 50″. 

Eine Behinderung ab einem GdB von 50 gilt als Schwerbehinderung; in diesem Fall kann ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden, in den der GdB und gegebenenfalls die entsprechenden Merkzeichen eingetragen werden. 

Der Grad der Behinderung kann im Ausweis auch nachträglich geändert werden. Dazu sind ein Antrag auf Neufeststellung oder Verschlimmerung (sog. Verschlimmerungsantrag) sowie erneute medizinische Gutachten notwendig. Man sollte damit rechnen, dass der GdB auch herabgesetzt werden kann. 

Merkzeichen 

Es gibt folgende Merkzeichen: 

  • G = Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit 
  • B = Berechtigung der Mitnahme einer Begleitperson 
  • aG = Außergewöhnliche Gehbehinderung 
  • GI = Gehörlosigkeit 

Weitere Merkzeichen sind: 

  • H = Hilflosigkeit 
  • Bl = Blindheit 
  • RF = Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht 
Wheelchair
(c) pixabay.de

Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen 

Behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, von mindestens aber 30 können unter bestimmten Voraussetzungen mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sein. Ansprechpartner für die Gleichstellung ist die Agentur für Arbeit. Dort werden wichtige Fragen zur Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen beantwortet. 

Wer legt den GdB und den GdS fest? 

Der Grad der Behinderung und der Grad der Schädigungsfolgen werden durch ärztliche Gutachter bemessen. Für die Eintragung im Schwerbehindertenausweis wird ein Gesamt-GdB ermittelt. Dieser errechnet sich jedoch nicht einfach aus den einzelnen addierten GdB mehrerer Beeinträchtigungen. Die Festlegung ist komplexer: Entscheidend für den Gesamt-GdB ist, wie sich einzelne Funktionsbeeinträchtigungen zueinander und untereinander auswirken. Die Behinderungen und ihre Auswirkungen werden also insgesamt betrachtet, nicht als voneinander isolierte Beeinträchtigungen. Bei der Beurteilung wird vom höchsten Einzel-GdB ausgegangen, dann wird im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen geprüft, ob das Ausmaß der Behinderung dadurch tatsächlich größer wird. 

Versorgungsmedizin-Verordnung mit Angaben zu GdB 

Die Kriterien für die Bestimmung des GdB sind seit dem 01.01.2009 die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (“Versorgungsmedizin-Verordnung mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen”). Vormals galten die so genannten “Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht”. Die “Anhaltspunkte” werden damit nicht mehr aktualisiert. 

Die Versorgungsmedizin-Verordnung können Sie im Internet herunterladen: www.gesetze-im-internet.de/versmedv.  

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet zudem eine Broschüre dazu an: 
Broschüre “Versorgungsmedizin-Verordnung” 

Der normale Ablauf der Antragstellung und möglicher Folgeschritte gestaltet sich folgendermaßen: 

Man stellt den Antrag bei seiner zuständigen Behörde. Sollte man einen ablehnenden oder teilweise ablehnenden Bescheid erhalten, muss man innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen. Nach erneuter Prüfung, oftmals auch nach Weiterreichung des Antrags an die zuständige Bezirksregierung, erhält man wieder einen Bescheid, entweder mit gewünschtem oder auch nicht so positivem Ergebnis. Dann bleibt noch der Weg zur Sozialklage beim Sozialgericht. Hier braucht man sich erstmal keine Sorgen um die Kosten machen, da diese Gerichtsverfahren nicht zu Kosten führen, außer man setzt zum Beispiel einen Anwalt ein. Aber auch hier kann ein Patient mit kleinem Portemonnaie die sogenannte Prozesskostenhilfe beantragen, damit er zu seinem Recht kommt.  

Tipp 1:  

Nie, also niemals versuchen den Behindertenausweis selbst zu beantragen. Am besten in der Reha-Klinik mit dem behandelnden Arzt sprechen und sich dann an den Sozialdienst in der Klinik wenden. Man kann sich auch an einen Sozialverband wie VDK oder SoVD wenden. Durch eigene Erfahrungen würde ich vom VDK Kreisverband Köln abraten. Oder man wendet sich per E-Mail an uns beim CRPS Netzwerk unter [email protected].

Tipp 2:  

Mit der Antragstellung warten, wenn eine Reha geplant ist, denn ein abgelehnter Antrag lässt sich nur bei Verschlechterung wieder neu beantragen. 

Tipp 3: 

Wo es eine Antragsmöglichkeit über eine Onlineportal gibt, sollte man immer diese Antragsformulare nutzen. Zum Beispiel in NRW unter https://www.elsa.nrw.de oder auch in Niedersachsen, Bayern und vielen anderen Bundesländern. 

Schwerbehinderung oder nur GdB… 

Die meisten CRPS Betroffenen erhalten auf Ihren ersten Antrag einen GDB von 20 oder 30 Prozent. Damit kommt man nun mal nicht weit.  Grundsätzlich wünscht man sich nicht unbedingt “schwerbehindert” zu sein. Aber wenn es denn nun so ist und man nicht mehr laufen kann, einen Rollstuhl braucht, dann möchte man auch alle Nachteilsausgleiche nutzen können. Mit GdB 40 bekommt man ja noch nicht einmal einen Parkausweis.  

Nur mal als Vergleich: jemand mit offenen Beinen hat einen GDB von 100. Jemand mit Bandscheibenschaden hat einen GDB 80. Jemand, dem zwei Finger fehlen hat einen GDB von 60 und jeder psychisch Kranke hat mindestens einen GDB 50. Und jemand mit CRPS, der nicht mehr laufen kann bekommt nur GDB 20. Das passt ja gar nicht. Aber es zeigt, dass die Entscheidung immer beim zuständigen Amt und sogar beim jeweiligen Sachbearbeiter liegt. Es gibt zwar die o.g. Versorgungsleistung-Verordnung mit einigen Krankheiten und einem zugehörigen GDB. Aber diese Liste ist vollkommen unvollständig und anstatt bei einer fehlenden Krankheit nachzuprüfen, welche Einschränkungen dieser Patient hat, wird einfach viel zu niedrig entschieden. Daher arbeiten wir daran, dass auch in allen Ämtern bekannt ist, zu welch schweren Einschränkungen und Behinderungen die seltene Erkrankung CRPS führen kann. Und man kann nicht jeden Antrag über einen Kamm scheren. Es zeigt sich auch, dass man diese Entscheidung niemals einfach hinnehmen muss und alle Mittel nutzen muss, um zu seinem Recht zu kommen. Als kranker Mensch ist das manchmal sehr schwierig, darum sollte man sich immer Unterstützung suchen. 

Schwerbehindertenausweis – so eine Sache 

Die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises ist an sich eine Herausforderung, die man als Betroffener schon studiert haben muss. Es gibt bestimmte Merkzeichen, die manchmal bewilligt werden, und manchmal eben nicht. Manchmal kommt es sehr darauf an, an welche Mitarbeiter man gerät. Die beste Behinderung ist, keine Behinderung zu haben. 

Quelle: Behindertenausweis – behindert-barrierefrei e. V.   Logo behindert-barrierefrei